Rückblick auf die Gemeindefahrt 2024

Gemeindefahrt ins Südlatium vom 05. – 16.10.2024 

Samstag, 05.10.2024 

Wir besuchen Südlatiums sonnige Weiten, 
die Heimat großer Persönlichkeiten. 
Welche gemeint sind, werden wir sehen, 
laßt uns zuerst auf die Reise gehen. 

Gernot hat alles vorbereitet: 
ein Infoheft, das uns täglich begleitet; 
er hat Routen geplant, die Hotels sind gebucht, 
daß nicht jeder einzeln ein Zimmer sucht. 
Es ist alles so, wie altbewährt, 
und ein Glück, daß Robert uns wieder fährt. 

Nicht in Correggio, wie früher schon, 
sondern in Carpi ist Zwischenstation. 
Dort kommen wir um siebzehn Uhr an. 
Im Hotel Touring werden abends drei Gänge serviert, 
da sind bald die Kräfte regeneriert, 
so daß es schwungvoll weitergeh’ n kann. 

In Carpi, in der Innenstadt, 
liegt ein prächtiger Platz, mehr lang als breit, 
daran ein Castell, einst mit Wassergraben, 
dahinter ein Kirchlein aus langobardischer Zeit, 
dessen Schiff um zwei Drittel gekürzt sie haben, 
wodurch man den Vorplatz vergrößert hat. 
Das hat uns ein kundiger Führer beschrieben. 
Die Kirche, die Stadt, er scheint sie zu lieben. 

Sonntag, 06.10.2024 

Es folgt der Anreise zweiter Teil. 
Wir wählen die Diretissima, 
die kürzere Strecke, mit Tunneln gespickt. 
Die Landschaft ist bellissima. 
Überall, wohin man blickt, 
werden Erinnerungen wach. 

In Montepulciano, schon vor Jahren, 
als Gernot und Robert dort einmal waren, 
hätten sie fast sich die Mägen verdorben. 
Unsicher, ob sie satt werden würden, 
aßen sie, was die serviert bekamen. 
Die Kellner legten immer mehr nach, 
weit über Gernots und Roberts Rahmen. 
 
Sie überschritten ihre natürlichen Hürden, 
selbst das natürliche Sättigungsgefühl, 
das warnte: „Es ist jetzt viel zu viel!“ 
Zum Glück sind sie nicht daran gestorben, 
sie lachen wieder, sind fröhlich und heil. 

Am Nachmittag, es ist noch nicht mal vier, 
sind wir schon bei unserem Quartier. 
Das Hotel trägt den Namen „Torre del sole“. 
Wir prosten einander zu: „Zum Wohle!“ 

Montag, 07.10.2024 

Auf dem Montecassino, vor tausendsechshundert Jahren, 
siedelte Benedikt von Nursia ein Kloster an. 
Die Regeln, die für den Orden verbindlich waren, 
fanden weite Verbreitung sodann. 

1944, im Krieg, 
trug der Wahnsinn davon den Sieg. 
Im Februar, auf dem Klosterberg, 
geschah ein immenses Zerstörungswerk. 
Irrtümlich wurde angenommen, 
daß der Krieg von hieraus gesteuert werde. 
So war die Abtei ins Visier gekommen. 

Einem Offizier der deutschen Armee, 
der bei Verstand geblieben war, 
wurde angesichts des Zerstörungsplans klar: 
für das kostbare Klosterinventar 
bestand akute, höchste Gefahr. 

Es gelang ihm, Transporte zu organisieren, 
um, so viel es ging, zu evakuieren, 
daß der Schatz den Krieg möglichst übersteh‘, 
ihn vorerst in Rom zu stationieren. 
So blieb ein Teil der Nachwelt erhalten, 
trotz des Wirkens roher Gewalten. 
Vom Kloster indes blieb verbrannte Erde. 

In Cassino kam es im März zur Schlacht, 
die Stadt ward dem Erdboden gleichgemacht. 
Zehntausende Menschen kamen um. 
Zeigt das nicht: Krieg ist bodenlos dumm? 
Friedhöfe legen trauriges Zeugnis ab: 
hundertfach Grab neben Grab neben Grab. 

Das Kloster wurde neu errichtet, 
nach Plänen ließ es sich rekonstruieren. 
Freilich fehlt ihm die Patina. 
Nach Jahrhunderten ist die vielleicht wieder da, 
doch das Original bleibt für immer vernichtet. 

Dienstag, 08.10.2024 

Während einer milden Nacht 
hat der Wind das Meer in Bewegung gebracht. 
Der Anblick der Brandung ist ein Genuß 
auf dem Weg zur Villa des Tiberius. 

Dort angekommen, stellen wir fest, 
daß man niemanden in die Grotte läßt. 
Trotz aller Recherche im Internet 
ist die Öffnungszeit anders als angegeben. 
Gernot spricht: „Wir machen das wett, 
das entgeht uns nicht, ihr werdet ‘s erleben.“ 

Ein Stück weiter mündet der Garigliano ins Meer, 
sein Ufer gibt dort einen Picknickplatz her. 
Nachdem alle satt und zufrieden waren, 
wollten wir nach Minturno fahren. 
Doch stellte sich kurz vorher heraus: 
auch dort schließt man heute Besucher aus. 
Deshalb wird eilends improvisiert: 
der Tag wird zum Ruhetag umdeklariert. 
Was für heute geplant war, wird nachgeholt, 
wir haben uns eben im Voraus erholt. 

Gernot schimpft auf sein Lieblingsland, 
so haben wir ihn noch gar nicht gekannt. 
Frustriert droht Robert, daß er den Bus 
jetzt gleich versenkt im Garigliano-Fluß. 
So eine perfekte Pannengeschichte 
liefert den dankbarsten Stoff für Gedichte. 

Zurück fährt Robert zum Trost für die Gruppe 
über eines Berges Kuppe. 
Die Aussicht von dort ist zu schön zum Beschreiben, 
deshalb lass ich das jetzt am besten auch bleiben. 

An der Torre Portella di Monte San Biagio 
hielten wir kurz noch einmal an. 
Das haben wohl auch die Mozarts getan, 
die kamen siebzehnhundertsiebzig am elften Mai 
an dieses Tor mit zwei Türmen heran, 
die Grenzkontrolle zu absolvieren, 
dann per Kutsche das Tor zu passieren 
auf ihrem Weg nach Neapel. Und so 
brachte man eine Schrifttafel an, 
die hält wach das Erinnern daran; 
denn das Ereignis ist schon lange vorbei. 

Mittwoch, 09.10.2024 

Wo die Wiege des Gaius Marius stand, 
baute man ab zwölfhundertdrei 
die zisterziensische Casamari-Abtei, 
einen gotischen Bau, fast ganz ohne Zier, 
architektonisch durchdacht und imposant. 

Von Anfang bis heut‘ wohnen Mönche hier, 
und hinter mancher offenen Tür 
lädt etwas zum Verweilen ein. 
Da verkauft ein Bauer Eier und Wein, 
nebenan ein Schreibbüro, klein und fein,
gegenüber Bibliothek und Lesesaal 
mit kostbaren Bänden in hoher Zahl; 
ein bewässerter Gemüsegarten, 
der Kreuzgang, in dem Eidechsen verharrten, 
am Eingang zum Friedhof ein Napf mit Nahrung,  
frisch, für Hunde und Katzen, aus Liebe zum Tier. 

Neben dem Kreuzgang mit kunstvollen Säulchen 
war wohl die Kammer für Schleckermäulchen. 
Es zeigen in den Boden gemeißelte Bienen, 
sie mochte dem Imker als Lager dienen. 

Im Kapitelsaal, durch drei bunte Fenster erhellt, 
sind die Stühle entlang der Wände gestellt. 
An der Sitzordnung erkennt man sie, 
die im Kloster gültige Hierarchie. 

Im Refektorium riecht es nach Generationen 
von Kartoffeln, Braten, Fett und Soßen, 
die man vor Zeiten dort hat genossen. 
Ein Lüften des Speisesaals könnte sich lohnen. 

In derselben Gegend stand das Elternhaus 
des Marcus Tullio Cicero. 
Verblieben sind noch ein paar Steine daraus, 
davor steht das Kloster San Domenico. 
Gegründet ward es im elften Jahrhundert, 
so daß man jetzt sein Alter bewundert. 
Der Innenraum ist wiederum schlicht, 
das gelbliche Licht etwas indirekt. 
Die Krypta zeigt, was in der Kirche steckt. 

Dann hat Robert es wieder geschafft, 
uns in den Mittagsschlaf zu wiegen. 
Er fährt uns durch eine Berglandschaft, 
deren Schönheit es in jedem Moment 
verdient, ihr schwärmend zu Füßen zu liegen. 
Am Straßenrand blühen in Gruppen Cyclamen, 
die gerade frisch aus der Erde kamen. 
Ein Jammer, wenn man das alles verpennt. 

Für ein kurzes Halten an Ciceros Grab 
nimmt Robert einiges Hupen in Kauf. 
Möglichst schnell springen wir wieder auf 
und ziehen direkt nach Hause ab. 

Donnerstag, 10.10.2024 

Der Scirocco bläst feucht-warm von Süden her 
dicke Wolken über das Meer, 
die sich über den Bergen bedrohlich bewegen. 
Was aber ausbleibt, ist ein Regen. 

Heute ist Tag der Ausgrabungsstätten, 
die wir am Dienstag besichtigt hätten, 
wären sie nicht geschlossen gewesen. 
Es ist wie eine Art Spurenlesen. 

Tiberius sollte das Reich regieren, 
dazu fehlte ihm aber jedes Geschick. 
Er zog sich nach Sperlonga zurück, 
in eine luxuriöse, bizarre Welt. 

Die Grotte am Meer entstand natürlich, 
die Gebäude ließ man konstruieren, 
es fehlte offenbar nicht an Geld. 
Szenen der griechischen Mythologie 
finden sich dargestellt figürlich. 
Man fand Fragmente, restaurierte sie. 

Als man in Rom von den Funden erfuhr, 
wollten die dort die Schätze für sich. 
In Sperlonga gab es Protest und Aufruhr, 
die Bürger rückten nichts heraus. 
Sie bauten eigens ein Museumshaus, 
machten denen in Rom durch die Rechnung ‘nen Strich. 

Minturno steht als Beispiel dafür, 
wie eine römische Siedlung funktioniert. 
Zum Vorbild nahm man das Militär, 
von den Lagern leitet der Aufbau sich her: 
zuerst zwei einander sich kreuzende Straßen, 
ein Forum, auf dem man kommuniziert, 
ein Theater für die ernsten Dramen, 
ein Amphitheater für Unterhaltung, 
die Therme sorgte für wohlige Wärme, 
die Latrine, in der Menschen zusammensaßen; 
ein Tempel, in den sie zum Beten kamen, 
der war oft auch des Ortes Zier; 
Räume für die Vorratshaltung 
und was es sonst braucht für die Lebensgestaltung. 

Freitag, 11.10.2024 

Wir widmen uns Thomas von Aquin. 
In Roccasecca stand sein Elternhaus, 
die Familie ließ ihn nicht gern da heraus. 
In einen Turm sogar sperrten sie ihn, 
damit er nicht Dominikaner werde, 
so jedenfalls will es die Legende. 
Die Sache nahm eine gute Wende. 
Trotz der Familie Widerstände: 
er philosophierte, und er lehrte. 

An des dreizehnten Jahrhunderts Beginn 
gab es zwei berühmte Zeitgenossen: 
der eine hieß Thomas von Aquin, 
der andere, jetzt noch in Stein gegossen, 
ist die Fossanova-Abtei. 

Ihr gotischer Stil, in Schlichtheit und Strenge, 
beeindruckt durch Größe, es gibt keine Enge. 
Nur die Säulen des Kreuzgangs sind kunstvoll verziert, 
der Garten mit Zitrusbäumen bestellt. 
Wer durch diese grüne Oase spaziert, 
erspürt etwas mehr vom Lichte der Welt. 

Auf einer Reise nach Lyon 
kam Thomas an diesem Kloster vorbei. 
Er plante es nur als Zwischenstation, 
zu sammeln die Kräfte durch Rast und Ruh‘. 
Seine Reise fand dort ihr Ende schon, 
er schloß für immer die Augen zu. 

Am Hauptsitz der Dominikaner, Toulouse, 
fand man, daß der prominente Mann 
nur bei ihnen bestattet werden muß. 
Einem pfiffigen Mönch gelang es dann, 
den Kopf des Thomas zu konfiszieren, 
durch einen andern zu substituieren. 

Das Ergebnis dieser Operation, 
eine makabre Komposition, 
wurde nach Toulouse verbracht, 
während des Thomas Schädelgebein 
in Priverno in einem Schrein 
den Verehrern des Heiligen Freude macht. 

Samstag, 12.10.2024 

Die Pontinische Ebene war ein Gebiet, 
das jeder, der konnte, am liebsten mied: 
Sümpfe voll stechender Insekten, 
die vom Blut der Reisenden leckten, 
und Räuber, die überall sich versteckten - 
es waren Zustände zum Erbarmen. 

Wer weiß, wie viele Regenten versprachen, 
diese Gegend bewohnbar zu machen? 
Mussolini endlich konnte das rocken, 
er legte die ganzen Sümpfe trocken. 
Von den Bauern suchte er aus die armen, 
die Ländereien als ihr Eigen bekamen. 
Die Flächen, in Rechtecke parzelliert, 
wurden von ihnen kultiviert. 
Sie bewohnten und bestellten das Land, 
der Boden ist als fruchtbar berühmt und bekannt. 

Kloster Valvisciolo aus dem dreizehnten Jahrhundert 
ist, wie mehrere in der Gegend, 
im gotischen Stile, streng und schlicht, 
heute ausnahmsweise geschmückt, 
für eine Hochzeitsfeier hergericht‘. 
Durch das Kirchenschiff flaniert sind wir deshalb nicht. 
Stattdessen haben wir – es war bewegend - 
die Gesellschaft und besonders die Braut bewundert. 
Wir waren geradezu entzückt. 

Norba, auf dem höchsten Berg 
bei der Pontinischen Ebene gelegen, 
war eine Stadt, von den Volskern gegründet, 
Jahrhunderte vor unserer Rechnung der Zeit. 
Erhalten sind Reste von Mauerwerk, 
das zeigt die Struktur von Lebenskultur. 

Die Sicht von dort oben ist ein Segen, 
wie man es sonst nicht oft mehr findet. 
Später machten die Römer sich breit, 
ließen die Truppen sich bewegen. 
Schließlich blieben sie auch die Sieger. 
Heute starten dort Gleitschirmflieger. 

Sonntag, 13.10.2024 

Vor unvorstellbar langer Zeit 
wurde Terracina von den Volskern gegründet. 
Stabil gebaut, wie für die Ewigkeit, 
hat sich vom Jupiter-Anxur-Tempel, 
der sich auf dem Monte Sant Angelo befindet, 
der untere Teil erstaunlich erhalten. 

Als das Römische Reich immer mehr expandierte, 
auch Terracina integrierte, 
erhielt dies durch bauliches Umgestalten 
einen deutlichen römischen Stempel. 

Der Dom San Cesareo aus romanischen Zeiten 
hat während etwa tausend Jahren 
manche Veränderung erfahren. 
Kostbar sind die Kosmatenarbeiten, 
Mosaïk, das den Osterleuchter ziert, 
auch die Kanzel, den Boden, sorgsam poliert, 
den zu betreten man fast sich geniert. 
Im achtzehnten Jahrhundert ist es passiert: 
die Kirche wurde innen barockisiert. 

Sabaudia ist eine junge Stadt, 
aus dem Boden gestampft in faschistischem Stile, 
der rechte Winkel und glatte Flächen als Merkmale hat,
zum Erreichen genau bestimmter Ziele. 
Die Atmosphäre hinterläßt gemischte Gefühle. 
So kurz läßt sich ’s fassen, das ist kein Schaden. 
Sonne und Meer laden ein zum Baden. 

Montag, 14.10.2024 

Wie in allen Tropfsteinhöhlen, 
soll man auch hier sich nicht erlauben, 
laut zu klatschen und zu grölen, 
um Tiere, die sich hier verstecken, 
Fledermäuse und auch Tauben, 
nicht zu stören und zu schrecken. 

Bei Pastena, vor achtundneunzig Jahren, 
gelang es, ein Höhlensystem zu entdecken. 
Der größere, aktive Teil ist zur Besichtigung gesperrt, 
der kleinere, fossile Teil ist begehbar und sehenswert. 
Ein Weg ist angelegt, illuminiert, 
damit den Besuchern nichts passiert. 

Steinerne Tücher hängen in mehreren Räumen, 
manche mit scheinbar genähten Säumen. 
Es gibt Zapfen und Säulen in allen Größen, 
bizarre Gebilde, die Ehrfurcht einflößen, 
manche geformt wie Kartoffeln und Mais, 
in wilden Gruppen oder im Kreis, 
festlich glitzernd oder matt, 
manche bewachsen mit saftgrünem Moos. 
Man sieht sich daran einfach nicht satt, 
was die Natur geschaffen, ist famos. 
Die Latium-Tour endet – schwer reißt man sich los. 

Dienstag, 15.10.2024 

Nach Hause geht ab heute die Reise, 
es läuft auf die gewohnte Weise. 
In Correggio übernachten wir dieses Mal, 
im Hotel „President“, einer guten Wahl. 
Fast ist es schon unser Stammlokal. 

Mittwoch, 16.10.2024 

Gernot und Robert, Ihr habt ’s möglich gemacht, 
habt uns sicher überall hingebracht. 
Während wir dösten, uns unterhielten 
und mit unseren Smartphones spielten, 
habt Ihr unablässig gewacht, 
die besten Routen ausgewählt, 
unzählige Male bis sechsundzwanzig gezählt, 
ob alle an Bord sind von der Herde, 
daß niemand zurückgelassen werde. 
Bekämpft habt Ihr unseren Hunger und Durst 
mit Getränken, Brot, Gebäck und Wurst; 
gesorgt für reichlich Diesel im Tank: 
Euch beiden für alles tausend Dank. 

© Ingrid Hecker